Fettleibigkeitsforscher ausgezeichnet

Der diesj?hrige Max-R?ssler-Preis geht an den Ern?hrungsbiologen Christian Wolfrum am Departement Gesundheitswissenschaften und Technologie der ETH Z¨¹rich. Er erh?lt den mit 200¡®000 Schweizer Franken dotierten F?rderpreis f¨¹r seine herausragende Forschung im Bereich des Fettstoffwechsels.

Vergr?sserte Ansicht: roesslerpreis
Max R?ssler, Preistr?ger Christian Wolfrum und ETH-Pr?sident Ralph Eichler am Thanks Giving-Anlass der ETH Z¨¹rich Foundation. (Bild: Olivier Barthenschlager)

?W¨¹rden wir alle weniger essen und mehr Sport treiben, br?uchte es meine Forschung nicht?, sagt Christian Wolfrum. Doch die Menschen in der industrialisierten Welt k?mpfen immer h?ufiger mit ?bergewicht und ¨C ab einem Body Mass Index (BMI) von 30 ¨C mit Fettleibigkeit (Adipositas). F¨¹r viele Betroffene hat dies gravierende Folgen: Rund 70 Prozent aller Fettleibigen entwickeln im Verlauf ihres Lebens Diabetes Typ-2. Zudem gilt ?bergewicht heute als wesentlicher Risikofaktor f¨¹r manche Krebsarten. Derweil deuten wissenschaftliche Daten vermehrt darauf hin, dass sich ein Grossteil dieser Zivilisationserkrankungen eind?mmen liesse, wenn wir unser Fettgewebe besser kontrollieren k?nnten. Genau da setzen Christian Wolfrums Studien an.

Der Professor f¨¹r Translationale Ern?hrungsbiologie erforscht zusammen mit rund 15 Mitarbeitern, wie Fettzellen entstehen, und wie der Stoffwechsel das Fettgewebe reguliert. Die Resultate ¨¹bertr?gt er auf Anwendungen am Menschen. So gewinnt er Erkenntnisse, die Fettleibigen k¨¹nftig helfen k?nnten, das Gewicht zu senken oder Folgeerkrankungen zu vermeiden. F¨¹r seine herausragenden Arbeiten an der Schnittstelle zwischen biologischer Grundlagenforschung und Ern?hrungswissenschaft erh?lt der 42-j?hrige Deutsche nun den mit 200¡®000 Franken dotierten Max-R?ssler-Preis der ETH Z¨¹rich.

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Diabetes vorbeugen

Wolfrum studierte an der Friedrich Wilhelms-Universit?t in M¨¹nster zun?chst Chemie und promovierte anschliessend auf dem Gebiet des Lipid- und Cholesterin-Stoffwechsels. Im Jahr 2000 ging er an die Rockefeller University (USA) und schloss sich der Arbeitsgruppe von Markus Stoffel an, mit dem er 2006 an die ETH Z¨¹rich wechselte. 2008 wurde Wolfrum zum Assistenzprofessor, 2010 zum ausserordentlichen Professor am neu gegr¨¹ndeten Institut f¨¹r Lebensmittelwissenschaften, Ern?hrung und Gesundheit ernannt.

Kurz darauf entdeckten Wolfrum und sein Team einen vielversprechenden Ansatz zur Behandlung von Diabetes Typ-2. Legt unser K?rper an Gewicht zu, kann das weisse Fettgewebe, das als Energiespeicher dient, auf zwei verschiedene Arten wachsen: entweder vergr?ssern sich bestehende Fettzellen, oder das Gewebe bildet neue kleine Fettzellen. Aus epidemiologischen Studien ist bekannt, dass Fettleibige mit kleinen Fettzellen deutlich seltener an Diabetes erkranken als solche mit grossen Zellen. Die Wissenschaftler identifizierten eine k?rpereigene Substanz, die das Wachstum kleiner Fettzellen f?rdert und so helfen k?nnte, Diabetes vorzubeugen. Letztes Jahr gr¨¹ndete Wolfrum zusammen mit Partnern den ETH-Spin-off Glycemicon, um den Wirkstoff in klinischen Studien am Menschen zu testen.

An Dogma gekratzt

Wolfrums Gruppe forscht zudem an braunem Fettgewebe, dessen Zellen die spezielle Eigenschaft haben, Zucker und Fett in grossen Mengen zu verbrennen, um W?rme zu produzieren. Seit wenigen Jahren weiss man, dass braune Fettzellen beim erwachsenen Menschen vorkommen. 2013 konnte Wolfrum erstmals nachweisen, dass sich weisse und braune Fettzellen direkt ineinander umwandeln k?nnen und nicht zwingend, wie weithin angenommen, aus unterschiedlichen Vorl?uferzellen gebildet werden.

Mit dieser Erkenntnis stellte Wolfrum nicht nur die g?ngige Lehrmeinung in Frage, sondern zeigte auch einen m?glichen Weg f¨¹r neue gewichtsreduzierende Therapien auf, was in der Ern?hrungswissenschaft f¨¹r einiges Aufsehen sorgte. Dass ihn nun seine eigene Hochschule mit dem wichtigsten F?rderpreis auszeichnet, kommt f¨¹r Wolfrum dennoch unerwartet: ?Das ist eine unglaubliche Ehre f¨¹r mich ¨C insbesondere wenn ich mir die hochkar?tigen Vorg?nger anschaue. Ich h?tte mich zwar selbst nicht in diese Reihe gestellt, aber es f¨¹hlt sich auf jeden Fall sehr gut an?, sagt er.

Der Donator und promovierte ETH-Mathematiker Max R?ssler ist ¨¹berzeugt, dass sein F?rdergeld sinnvoll investiert ist: ?Christian Wolfrum forscht auf einem aktuellen und wichtigen Gebiet. Es freut mich sehr, ihn zu unterst¨¹tzen und der Gesellschaft so etwas zur¨¹ckzugeben.?

Braune Fettzellen therapeutisch nutzen

Das Preisgeld will Wolfrum gezielt in Experimente stecken, um auf molekularer Ebene aufzukl?ren, wie braunes Fettgewebe entsteht. ?Das wird uns einen enormen Anschub geben, damit wir unseren Vorsprung in diesem hart umk?mpften Gebiet weiter ausbauen k?nnen?, so Wolfrum. Derzeit arbeitet seine Gruppe mit Hochdruck daran herauszufinden, welche Signale weisse Fettzellen in braune umwandeln.

Wolfrums Vision ist, einen therapeutischen Ansatz zu formulieren, bei dem braune Fettzellen aktiviert und so ?bergewicht kontrolliert werden kann. ?Da Reden wir von 10 bis 20 Jahren, aber ich habe ja noch Zeit?, sagt er augenzwinkernd. Zeit f¨¹r die Forschung, seine grosse Leidenschaft, hat der junge Wissenschaftler tats?chlich noch ¨C auch wenn er sich neben der Arbeit im Labor vermehrt f¨¹r die Lehre engagiert und zudem Mitglied der Forschungskommission der ETH Z¨¹rich ist.

Wolfrum gilt als international gefragter Experte auf dem Gebiet der Fettleibigkeitsforschung und erhielt bereits eine Reihe von bedeutenden Auszeichnungen, unter anderem den H.P. Kaufmann Award 2000 f¨¹r Junge Wissenschaftler der Deutschen Gesellschaft f¨¹r Fettwissenschaften und den Young Investigators Award 2004 der European Federation for the Science and Technology of Lipids. 2008 bewarb er sich erfolgreich f¨¹r einen der begehrten ERC Starting Grants der Europ?ischen Forschungskommission. 2012 gewann er den Spark Award der ETH Z¨¹rich und 2013 den Hauptpreis beim Start-up-Wettbewerb Venture Kick.

?Thanks Giving? ¨C ein Dankesch?n an die Donatoren

Max R?ssler schenkte der ETH Z¨¹rich 2007 zehn Millionen Franken, um einen j?hrlichen F?rderpreis f¨¹r besonders vielversprechende ETH-Professoren in der Expansionsphase ihrer Forscherkarriere zu erm?glichen. Der R?ssler-Preis ist die h?chstdotierte Auszeichnung f¨¹r Forschung an der ETH Z¨¹rich und wird jeweils am ?Thanks Giving?-Anlass verliehen. Der Name des Anlasses ist Programm: Die ETH Z¨¹rich und die externe SeiteETH Z¨¹rich Foundation laden Partner und F?rderer zum Dank f¨¹r ihre Unterst¨¹tzung an die ETH Z¨¹rich ein.

Vergr?sserte Ansicht: Christian Wolfrum und Max Rössler im Forschungslabor
Preistr?ger Christian Wolfrum (links) f¨¹hrt Max R?ssler durch sein Labor f¨¹r Fettzellforschung. (Bild: Michael Keller / ETH Z¨¹rich)
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